Die Nummer eins holt sich den Sieg
Maximilian Scholl vom TEC Waldau gewinnt ein furioses Finale beim DTB-Turnier des TC Enzberg.
Text: Julia Klassen (Mühlacker Tagblatt)
Fotos: © Kali-Foto
Immer wieder schaut Frank Schneider auf die Uhr. Die Minuten vergehen, der Anschlusstermin rückt näher. Doch das, was gerade auf dem Tennisplatz passiert, ist zu spannend, um jetzt zu gehen. Der Mühlacker Oberbürgermeister bittet also bei den Wartenden um Entschuldigung und bleibt bis zum letzten Ballwechsel auf der Anlage des TC Enzberg. Und so wird Frank Schneider, gemeinsam mit rund 100 weiteren Zuschauern, Zeuge eines furiosen Finales beim DTB-Ranglistenturnier Enzberger Classics.
Maximilian Scholl vom TEC Waldau und Christian Wedel vom TV Reutlingen schenken sich nichts. Im ersten Satz wehrt Wedel zwei Satzbälle ab. Er gewinnt mit 7:6. Im zweiten Satz kontert Scholl bei eigenem Aufschlag drei Spielbälle und verliert dann doch noch durch einen Doppelfehler. Es steht 5:4 für Wedel, der im nächsten Spiel aber einen Matchball vergibt. Stattdessen holt sich Scholl den Satz mit 7:6. Es geht in den Match-Tiebreak, beide Spieler sind am Rande der Erschöpfung, doch Scholl hat offenbar noch mehr Reserven. Durch eine frühe Führung bricht er den Widerstand seines Gegners und nach drei Stunden und 20 Minuten reißt er die Arme in die Höhe. Der topgesetzte Spieler, die Nummer 75 der deutschen Rangliste, hat die Hitzeschlacht und das Turnier gewonnen. Das 6:7, 7:6, 10:6 war der grandiose Höhepunkt eines großen Tennis-Wochenendes in Enzberg.
Die Premiere ist geglückt. Das erste DTB-Ranglistenturnier wird während der drei Tage von Zuschauern wie Spielern in höchsten Tönen gelobt. Daniela Steudle ist erleichtert. „Das waren drei Hammertage und das Endspiel hat noch einmal alles getoppt“, sagt die Turnierleiterin und freut sich vor allem über das Lob vonseiten der Spieler. „Ich habe von vielen gehört, dass die Atmosphäre bei uns richtig gut war und so haben wir das auch selbst empfunden“, sagt sie. Das ließ schließlich auch die letzten Kritiker innerhalb des Vereins verstummen. Dass alle Teilnehmer versprochen haben, im nächsten Jahr wieder zu kommen, spielt der Sportwartin in die Karten. Denn für sie steht fest: im Jahr 2025 wird es wieder ein DTB-Ranglistenturnier in Enzberg geben. Und Daniela Steudle wäre nicht Daniela Steudle, wenn sie nicht vorhätte, dann nochmals „einen drauf zu setzen“. Es soll nämlich noch eine Stufe höher gehen. Statt einem A5-Turnier soll es ein A4-Turnier werden.
Mit acht Ranglistenspielern und weiteren hochklassigen Leistungsklasse-Spielern war aber auch schon die Premiere ein Highlight auf der Enzberger Anlage. Zum absoluten Publikumsliebling wurde dabei aber nicht etwa einer der gesetzten Top-Akteure, sondern Paul Sträter vom TC Rot Weiß Lomersheim. Der Lokalmatador hatte schon zum Turnierstart am Freitagabend die Zuschauer begeistert, ebenso wie Gonzales Bancalari. Doch im Gegensatz zum Enzberger Vereinstrainer, der sein Erstrundenmatch mit Rückenproblemen 6:7, 2:6 verlor, zog der Lomersheimer ins Achtelfinale am nächsten Tag ein. Dort unterlag er dann allerdings dem Mannheimer Rouven Arnold mit 4:6, 0:6. Und trotzdem spielte Sträter am Finaltag noch eine ganz wichtige Rolle.
Es ist kurz vor 13 Uhr am Sonntag, die Halbfinals sind gespielt. Vor dem Endspiel zwischen Scholl und Wedel soll um 13.30 Uhr noch das Spiel um Platz drei ausgetragen werden. Doch dann meldet sich Yannick Zeitvogel mit Schulterproblemen ab. „Es drohte ein Leerlauf auf der Anlage von eineinhalb Stunden“, sagt Daniela Steudle, die nicht lange fackelt und zum Handy greift. Sie ruft Paul Sträter an und lädt ihn zu einem Showmatch gegen den zweiten Halbfinalisten Andrea Bessire aus Esslingen ein. Paul Sträter überlegt nicht lange und steht wenig später schon auf dem Platz, bejubelt von zahlreichen Zuschauern. „Das war eine super Aktion von ihm“, sagt Daniela Steudle, „damit hat er sich den Titel „Viertplatzierter der Herzen“ mehr als verdient.“